Wir leben in einer Leistungsgesellschaft und das Tempo steigt weiter. Immer mehr Dinge sollen in immer weniger Zeit erledigt werden. Aktuelle Studien belegen: In den letzten Jahren ist der Druck – insbesondere auf Führungskräfte – enorm angestiegen. Diejenigen von uns, die nicht nur nach beruflichem Erfolg streben, sondern auch für ihre Familie da sein wollen, fühlen sich nicht selten wie eine Kerze, die von beiden Seiten brennt. Wer jetzt nicht rechtzeitig die Reißleine zieht, muss mit verheerenden Folgen rechnen…
Nach einer aktuellen AOK-Studie (2019) hat sich das Volumen Burnout-bedingter Arbeitsunfähigkeit im letzten Jahrzehnt mehr als verdreifacht.
Wer dies noch immer für eine „Mode-Diagnose“ hält, mag einen Blick auf die entsprechenden Gallup-Studien oder den Hernstein-Management-Report (2017) werfen, der zu ähnlich alarmierenden Ergebnissen kommt:
So gab fast ein Drittel der befragten Führungskräfte an, sich selbst als stark bzw. teilweise Burnout-gefährdet zu sehen. Es ist zu befürchten, dass die Dunkelziffer noch weitaus höher liegt, da Burnout noch immer von 41 % der Befragten als „persönliche Schwäche“ angesehen wird.
Damit hat das Thema „Bedrohliche Erschöpfungszustände“ in der Arbeitswelt bereits deutlich vor der Corona-Krise ungeahnte Dimensionen angenommen.
Die Gefahr, in einen Prozess der Selbstausbeutung und dauerhaften Erschöpfung zu geraten, steigt also offensichtlich auch unabhängig von der aktuellen Krisensituation stetig weiter an.
Dies deckt sich auch mit meiner persönlichen Erfahrung:
Einige Wochen vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie traf ich einen langjährigen Bekannten (selbständig tätig in der Medien-Branche) in meinem Lieblings-Café. Johannes – so möchte ich ihn hier nennen – hatte seinen Laptop vor sich und machte auf mich einen total erschöpften und „angeschlagenen“ Eindruck, so dass ich ihn besorgt fragte, wie es ihm geht. Er bestätigte, dass er sich physisch und mental total ausgebrannt fühle – und das nicht erst seit kurzem.
Nun, ich selbst kannte diesen Zustand nur allzu gut.
ich erinnerte mich daran, dass mir damals – zu meinem großen Glück – eine gute Freundin eine Frage stellte, die für mich alles veränderte. Damals traf mich diese Frage völlig unvorbereitet. Doch sie sorgte bei mir für einen wichtigen Perspektivwechsel und später sogar für dringend notwendige Veränderungen.
Anstatt meinem erschöpften Bekannten also einfach ungefragt einen Ratschlag zu erteilen, entschied ich mich dafür, ihm genau die gleiche Frage zu stellen:
„Was tust du eigentlich dafür, deinen persönlichen „Akku“ regelmäßig wieder aufzuladen?“
Johannes schaute mich zuerst ein wenig fragend an, dann begriff er und senkte etwas beschämt den Blick. „Hmmm, offensichtlich nicht genug“, antwortete er mit gedämpfter Stimme und fügte entschuldigend hinzu: „Aber was soll ich machen, der Termindruck ist einfach enorm und die Kunden möchten alles am liebsten schon gestern… vielleicht schaffe ich es im Sommer, einen Gang zurückzuschalten… und wenn das aktuelle Projekt beendet ist, wird es sicher erstmal etwas ruhiger…“
Es war, als hörte ich meine eigenen Sätze, die ich genau so noch vor wenigen Jahren gesagt hatte. Was noch viel schlimmer war: Auch mir selbst hatte ich immer wieder eingeredet, dass die äußeren Umstände für meine Erschöpfung verantwortlich seien und dass sich die Situation sicher bald ändern würde…
Natürlich – du ahnst es bereits – änderte sich weder „die Situation“, noch änderten sich „die äußeren Umstände“.
Das blieb nicht ohne Folgen:
• Meine Gesundheit litt (ich hatte häufig Infekte)
• Ich bekam zu wenig Schlaf (was mich gereizt und unproduktiv machte)
• Meine Beziehungen begannen zu leiden (ich verbrachte zu wenig Zeit mit meinen Kindern)
Nun, was Johannes auf meine Frage antwortete, war das eine. In seinem Gesicht sah ich aber auch noch etwas anderes: Er begann, zu verstehen. Das Thema „Selbstfürsorge“ war unwiderruflich in seinen Blick geraten.
Vielleicht geht es dir auch so, wie den meisten meiner Leser: Als Selbständiger, Unternehmer oder Führungskraft liegt dir eigenverantwortliches Handeln in gewisser Weise „im Blut“.
Wenn du diese Verantwortung in erster Linie nur für dein Unternehmen wahrnimmst, dabei aber dein persönliches Wohlergehen vernachlässigst, bist du in Gefahr. Und wenn du selbst gefährdet bist, ist auch dein Unternehmen gefährdet.
Andersherum gesagt: Verantwortung für dein Unternehmen zu übernehmen, geht nicht ohne zuerst die Verantwortung für dich selbst zu übernehmen.
Dazu ist es wichtig, dass du die Grenzen deiner Belastbarkeit erkennst und Symptome von Überlastung ehrlich wahrnimmst.
Denn nur du selbst kannst gut für dich sorgen und niemand sonst ist verantwortlich für dein Wohlergehen.
Erinnerst du dich an die Notfall-Instruktionen vor dem Start eines Flugzeugs? Ich finde, die bringen es sehr gut auf den Punkt:
„Wenn es zu einem Druckabfall in der Kabine kommt und die Sauerstoffmasken aus der Deckenverkleidung fallen, setze zuerst dir selbst die Sauerstoffmaske auf und helfe erst danach deinen Sitznachbarn.“
Das bedeutet: Nur wenn du in der Lage bist, für dich selbst zu sorgen, kannst du auch für andere eine Hilfe sein!
Fazit:
Wenn du dich dauerhaft erschöpft und ausgebrannt fühlst, musst du sofort handeln!
Beginne am besten mit diesen drei Schritten:
1. Mache eine Liste von mindestens 10 Aktivitäten, die du gerne machst und die dazu dienen, deinen persönlichen „Akku“ wieder aufzuladen.
Überlege dabei, wie die folgenden Bereiche dazu beitragen können und versuche, in jedem Bereich zumindest eine Aktivität zu finden, die deinem Ziel dient:
• Ernährung
• Entspannung
• Bewegung
• Familie und Freunde
• Natur
• Spiel und Spaß
• Reflexion
Suche dir zwei bis drei Aktivitäten aus und konkretisiere sie. Definiere genau, wann, wo und wie oft du sie ausführen wirst und wann du beginnst.
2. Nutzte diese Synergie-Effekte, um dich besonders nachhaltig zu regenerieren:
Schau, ob es unter den von dir aufgelisteten Aktivitäten welche gibt, die sich gut miteinander kombinieren lassen und markiere diese. So kannst du – insbesondere wenn du ohnehin einen sehr vollen Terminkalender hast – Synergie-Effekte nutzen und sozusagen deinen „Akku“ aus zwei Energiequellen gleichzeitig aufladen.
Dazu zwei Beispiele:
a) Gehst du gerne zur Erholung in die Sauna? Dich mit Freunden zu treffen ist dir ebenfalls ein wichtiges Bedürfnis?
Dann verabrede dich regelmäßig mit einem Freund / einer Freundin zu einem gemeinsamen Saunabesuch!
b) Du erholst dich gerne in der Natur, magst das wohltuende Grün und liebst die frische Luft? Außerdem weißt du, dass dir regelmäßiger Ausdauersport gut tut?
Kündige deinem Fitness-Studio und verlagere deinen Ausdauersport (Joggen, Walken, Radfahren) in die Natur!
3. Vereinbare jede Woche mindestens drei Termine mit dir selbst, die ausschließlich dazu dienen, dich zu regenerieren. Nutze dazu die oben definierten Aktivitäten.
Nimm dein eigenes Wohlergehen mindestens so wichtig, wie das Wohl deines Unternehmens: Trage diese Termine in deinen Kalender ein und nimm sie genau so zuverlässig wahr, wie wichtige Geschäftstermine.
Frage:
Welche Kombinationen von Tätigkeiten kannst du zur Regeneration empfehlen? Womit hast du gute Erfahrungen gemacht?
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